Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) wurde im Oktober 1947, u. a. vor dem Hintergrund damaliger Wasserknappheit und Ressourcenmangels, auf Basis eines ministeriellen Erlasses zunächst als „besonderer Ausschuss der Ruhrwasserwerkewirtschaft“ gegründet. Heute ist die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr ein eingetragener Verein, der im Sinne einer für unsere Kunden versorgungssicheren, zukunftsfähigen und wirtschaftlichen Trinkwasserversorgung die daraus resultierenden Interessen der Ruhrwasserwerke bündelt. Wir arbeiten dabei intensiv mit Behörden und dem Ruhrverband zusammen. Die Ergebnisse unserer technisch-wissenschaftlichen Zusammenarbeit fließen in den jährlich veröffentlichten Ruhrgütebericht ein, der durch seine Transparenz einen wichtigen Baustein für den Dialog mit der Öffentlichkeit und den Behörden darstellt.
Die 18 Mitgliedsunternehmen der AWWR versorgen aus ihren 30 Ruhr-Wasserwerken in eigener Verantwortung gut ein Viertel der Bevölkerung von NRW, also ca. 4,5 Millionen Menschen sowie Gewerbe und Industrie mit jährlich rd. 230 Mio. m³ Trinkwasser von bester Güte. Aufgrund geologischer Gegebenheiten ist für die Trinkwasserversorgung unserer Region die Ruhr alternativloser Rohwasserspender, denn nennenswerte Grundwasservorkommen, wie an vielen anderen Stellen in Deutschland, gibt es hier nicht. Die Talsperren des Ruhrverbands sind für die Ruhr unverzichtbare Vorlieferanten, die neben dem Hochwasserschutz überlebenswichtigen Speicherraum zur Überbrückung von Trockenphasen darstellen. Aus ihnen speist sich der Fluss, der bereits ohne Klimawandel über längere Zeiten im Jahr trocken fallen würde.
Der Klimawandel hat in unserer Region belegbaren Einzug gehalten. Die Überbrückungszeiten, in denen die Ruhr einzig aus den Talsperren gespeist wird, sind, wie der Ruhrverband anschaulich belegt, länger geworden. Die anhaltend extreme Dürrephase der Jahre 2018, 2019 und 2020 hat die Talsperren des Ruhrverbandes auf eine harte Bewährungsprobe gestellt und gezeigt, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit des Systems erhöht ist. Wetterextreme sind zur neuen Normalität geworden. Unsere Mitgliedsunternehmen sorgen sich zunehmend um die Rohwasservorräte der Trinkwasserversorgung der Ruhrregion.
Mehreren vom Ruhrverband angestrengten Sonder-Genehmigungsverfahren zur Abflussreduzierung und dem Glücksfall eines von überdurchschnittlichen Niederschlägen geprägten wasserwirtschaftlichen Winterhalbjahres 2019/2020 ist es zu verdanken, dass mit gefüllten Talsperren ins vergangene Trockenjahr 2020 gestartet werden konnte.
Besonders hervorzuheben ist, dass die Nordgruppe der Ruhrverbandstalsperren (Möhne, Sorpe und Henne) weniger von Niederschlägen profitiert, als die Südgruppe. Gleichzeitig muss die Nordgruppe lt. bestehendem Ruhrverbandsgesetz mehr überproportionale Abflussspende (Liter pro Sekunde und Quadratkilometer Einzugsgebiet) leisten. Dies führt zu einem erhöhten Risiko für die oberhalb von Schwerte-Villigst gelegenen Wasserversorgungen.
Die AWWR engagiert sich seit 2018 gemeinsam mit dem Ruhrverband und den zuständigen Genehmigungsbehörden für eine gegenüber dem Klimawandel resiliente Anpassung des Niedrigwassermanagements der Ruhr, die sich an möglichst geringen Ausfallwahrscheinlichkeiten orientiert. Dies bedeutet eine Verringerung der Abgaben aus den Talsperren in Niedrigwasserzeiten, zu denen eine Zuschusspflicht aus den Talsperren besteht. Die Leit-Pegel sind Oeventrop, Villigst und Hattingen.
Intakte Gewässer und gute Gewässerökologie sind Grundlage für die Nutzung / Entnahme von Rohwasser für die Trinkwasserversorgung. Dies fordert das in Deutschland vorgegebene Multibarrierensystem, das unser Trinkwasser vom Gewässer bis zum Wasserhahn schützt. Die Verringerung der Abflüsse der Ruhr, an Tagen, an denen Zuschusspflicht besteht, stellt aus unserer Sicht in dem hier erforderlichen gebotenen Ausmaß, keine Gefährdung der Gewässer-Ökologie dar. Im Gegenteil: Flora, Fauna und Habitat profitieren davon, wenn der Fluss oder die Talsperren auch in sehr lang anhaltender Dürre aufgrund einer vorausschauenden Speicherraumbewirtschaftung nicht trocken fallen.
Die vom Ruhrverband angedachte Anpassung des Ruhrverbandsgesetzes mit neuen grundständigen, zukunftsfähigen und versorgungssicheren Niedrigwasserabflüssen ist dringend erforderlich. Kombiniert mit der weiterhin angedachten rechtlichen Möglichkeit, in außergewöhnlichen Trockenzeiten weitere Abflussreduzierungen im behördlichen Antragsverfahren zu erwirken, wäre auch aus Sicht der AWWR, die Trinkwasserversorgung aus dem Naturraum Ruhr im Klimawandel gut aufgestellt.
Nicht nur deshalb verdient dieses gemeinsame Vorhaben vollste Unterstützung von Fachleuten, Verbänden, Politik und Gesellschaft. Dem Ruhrverband wird damit ermöglicht, die Stauraumbewirtschaftung so ressourcenschonend zu betreiben, dass der Bau neuer Talsperren in der Region aus heutiger Sicht nicht erforderlich wird. Den Vorteil der in unserer Region bereits bestehenden wasserwirtschaftlichen Infrastruktur gilt es nun für eine im Klimawandel sichere Daseinsvorsorge zu heben.
Die ambitionierten Arbeitspakete, deren Ergebnisse Fundament der angedachten Änderung des Ruhrverbandsgesetztes sind, wurden am 13.01.2021 in einer Auftaktveranstaltung von Umweltministerium, Ruhrverband und AWWR auf den Weg gebracht. Hier ist Eile geboten, die Sorgfalt nicht ausschließt.
Die AWWR wirbt eindringlich für eine sachgerechte und an der Ausfallwahrscheinlichkeit der Talsperren orientierte Änderung des Ruhrverbandsgesetzes zur Sicherstellung der Daseinsvorsorge bis zum Jahresende, gleichwohl in dieser Legislaturperiode.
Derzeit befindet sich die Novellierung des Landeswassergesetzes NW (LWG NW) auf der Zielgeraden. Die Novellierung des LWG NW soll der Versorgung mit Trinkwasser immer und uneingeschränkt Vorrang geben. Mit der Implementierung des modernisierten Niedrigwassermanagements im Ruhrverbandsgesetz wird dem zukünftigen LWG-Ziel mit der Sicherstellung von Trinkwasser für 4,5 Millionen Menschen in besonderem Maße entsprochen.